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Spätfröste im Mai können für Obstbauern existenzgefährdend sein. Foto: istock
11.05.2018
Umwelt & Verbraucher

Kalte Eisheilige im warmen Mai

Über alte Wettererfahrungen und Bauernregeln

Sie heißen Mamertus, Pankratius, Servatius und Bonifatius und ihnen folgt die kalte Sophie: Die Rede ist von den sogenannten „Eisheiligen“ Mitte Mai. Sie gehören genauso wie auch die „Schafskälte“ oder die „Hundstage“ zu den „Singularitäten“ im Wettergeschehen. Das bedeutet, dass diese Wetterlagen als eigenartige Witterungsregelfälle mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten können und deutlich vom Wettergeschehen davor und danach abweichen.

In früheren Jahrhunderten hatten die Menschen keine computergestützte Wettervorhersage, wie wir sie heute kennen. Sie mussten sich daher auf ihre Erfahrung und ihr überliefertes Wissen verlassen. So entstanden die Bauernregeln als Wetterregeln und Bezeichnungen für regelmäßig wiederkehrende Besonderheiten wie die „Eisheiligen“ im Mai. Während die Norddeutschen den Mamertus dazu zählen, fangen die Süddeutschen, Deutsch-Schweizer und Österreicher erst mit Pankratius als Eisheiligem an. Diese „gestrengen Herren“ bringen Mitte Mai, genauer gesagt vom 11. bis 14. Mai regelmäßig noch einmal tiefe Temperaturen und Frost, auch wenn der Mai sonst schon warm und sonnig ist. Die „kalte Sophie“ am nachfolgenden 15. Mai kam vermutlich erst nachträglich dazu. Eine Erklärung dafür ist, dass die von Norden kommende Kaltluft im Süden Deutschlands erst etwa einen Tag später eintrifft.

Überlieferte „Frostgrenze“

Nach dem überlieferten Volksglauben wird das Wetter erst nach den Eisheiligen stabil frostfrei, sodass viele Menschen ihre Geranien erst danach am Balkon anbringen und im Garten auspflanzen. Es gab im Lauf der Erdgeschichte schon immer Warm- und Kaltzeiten. Die Eisheiligen-Regel wurde wahrscheinlich während einer mittelalterlichen Kälteperiode erstellt. Wenn man es ganz genau nimmt, passt die alte Bauernregel eigentlich gar nicht mehr: Der Bezug zu den Eisheiligen geht nämlich auf den römischen Julianischen Kalender zurück, der 1582 vom Gregorianischen Kalender abgelöst wurde. Seither finden die Kälteeinbrüche erst um den 20. Mai statt. Die Namen der Eisheiligen blieben aber auf ihrem Datum stehen. Seit der letzten Eiszeit und in der heutigen globalen Erwärmung werden die Vegetationsperioden wieder länger und die Frosteinbrüche im Frühjahr seltener. Wenn sie dann allerdings eintreten, sind die Auswirkungen oft verheerend für die Landwirtschaft, Gartenbau und Obstbau. Denn während es für den Gartenbesitzer zwar schmerzlich ist, wenn seine Pflanzen dem Frost zum Opfer fallen, aber nicht wirtschaftlich bedeutend, so kann ein Spätfrost auf einer Obstplantage existenzbedrohend sein, wenn der Frost die jungen Blüten erfrieren lässt. So geschehen beispielsweise beim Bodensee-Obst 2017.

International bekannt

Die Eisheiligen sind in vielen Ländern bekannt. So heißen sie etwa in Frankreich Saints de glace, in Italien santi di ghiaccio, die Polen kennen sie unter Zimni ogrodnicy, die Ungarn unter fagyosszentek und in Kroatien warten die Menschen erst die Ledeni Sveci ab, bevor sie ihre Blumen wieder herausstellen. Ihre Namen sind von Menschen aus der Kirchengeschichte hergeleitet: Mamertus war ein Bischof im französischen Vienne. Er gilt als Patron der Hirten und hilft der Überlieferung nach gegen Dürre. Pankratius war ein christlicher Märtyrer, der um 290 nach Christus geboren wurde. Als er seinem Glauben nicht abschwor, wurde er öffentlich enthauptet und den Hunden zum Fraß vorgeworfen. Pankratius ist unter anderem der Patron der jungen Saat und Blüte. Servatius ist als Bischof von Tongern bekannt und starb etwa 384 in Maastricht, wo sein Grab zu einem bekannten Wallfahrtsort wurde. Er soll mit einem Holzschuh erschlagen worden sein. Servatius ist der Stadtpatron von Maastricht, Goslar, Limburg/Lahn, Quedlinburg sowie Patron gegen Frostschäden und Mäuseplage. Bonifatius von Tarsus ist ein römischer Märtyrer, der ebenfalls im vierten Jahrhundert lebte. Nachdem er zum Christentum konvertierte, wurde er mit siedendem Pech getötet. Sophia von Rom wurde ebenfalls als christliche Märtyrerin getötet. Sie ist Patronin gegen Spätfröste und für das Wachstum der Feldfrüchte.

Sprüche und Bauernregeln zu den Eisheiligen

  • Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist.
  • Pankraz, Servaz, Bonifaz machen erst dem Sommer Platz.
  • Pankratius und Servatius bringen oft Kälte und Verdruss.
  • Vor Bonifaz kein Sommer, nach der Sophie kein Frost.
  • Pankratz und Servaz sind zwei böse Brüder, was der Frühling gebracht, zerstören sie wieder.
  • Servaz muss vorüber sein, will man vor Nachtfrost sicher sein.
  • Pankrazi, Servazi und Bonifazi, sind drei frostige Bazi. Und zum Schluss fehlt nie, die kalte Sophie.
  • Wenn's an Pankratius friert, so wird im Garten viel ruiniert.
  • Pankraz hält den Nackensteif, sein Harnisch klirrt von Frost und Reif.
  • Pflanze nie vor der Kalten Sophie. Mamerz hat ein kaltes Herz.
  • Die kalte Sophie macht alles hie.

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