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6000 Apfelbäume pflanzen ist reine Handarbeit. Man muss zu zweit sein: Einer hält den Baum in die Mitte des Pflanzloches und achtet darauf, dass er mittig und gerade steht. Die zweite Person häufelt vorsichtig die Erde um das Wurzelwerk. Erst dann wird das Erdreich festgetreten. Quelle: Dr. Seuser
18.12.2008
Schule & Wissen

Spätherbst in der Obstanlage

Auch bei kaltem Novemberwetter geht die Arbeit nicht aus: Roden, pflanzen und Wühlmäuse bekämpfen stehen jetzt auf dem Plan

Nach der Ernte ist vor der Ernte: Im November werden alte Apfelbäume gerodet und neue gepflanzt. Dafür errichtet der Obstanbauer neue Gerüste aus Pfählen und Draht, die den Apfelbäumen Halt geben. Auch Hagelnetze können daran befestigt werden. Die Apfelbäume haben eine natürliche Wachstumsbremse: Auf den Wurzeln einer schwachwüchsigen Sorte ist eine Edelsorte aufgesetzt. Die zarten Wurzeln sind eine Delikatesse für Feld- und Wühlmäuse, die sich dank milder Winter stark vermehrt haben. Seinen Bäumen zuliebe muss der Apfelbauer diese im Spätherbst und Winter bekämpfen.

6000 neue Apfelbäume

„Unsere Apfelbäume tragen 15, manchmal 18 Jahre lang viele Früchte“, berichtet Roland Schmitz-Hübsch.

Gemeinsam mit seinem Vater Elmar Schmitz-Hübsch bewirtschaftet er einen großen Obsthof in Bornheim Merten im Rheinland. „Bei 30 Hektar Obstanlagen müssen wir jedes Jahr zwei Hektar neu bepflanzen, das sind 6000 neue Bäume“. Gepflanzt werden zweijährige Bäume, die 1,50 Meter hoch sind und an der Wurzel einen etwa zwei bis drei Zentimeter dicken Stamm haben. Sie werden nicht auf dem Obsthof gezogen, sondern kommen von Baumschulen.

Drei Sorten in einem Baum

Schmitz Hübsch pflanzt Edelsorten, die auf schwachwüchsigen Wurzelstöcken – der so genannten Unterlage - aufgesetzt sind. Diese Unterlage, bei Äpfeln ist es meistens M9, wächst nur langsam. Statt viel Kraft für das Wachstum eines hohen, dicken Stamms zu verwenden, tragen die aufgesetzten Edeltriebe schon früh eine reiche Ernte. Manchmal wird zwischen der Unterlage und der Früchte tragenden Baumkrone noch eine dritte Sorte eingepasst. „Bei den Apfelsorten Cox Orange, Topas und Berlepsch ist es empfehlenswert, ein Zwischenstück für die Stammbildung einzusetzen“ erklärt Roland Schmitz Hübsch „Oft nimmt man dafür ein Stück der Sorte Golden Delicious.“ Das ist sinnvoll, weil bestimmte Sorten sehr anfällig für die Kragenfäule sind. Diese Krankheit wird von Phytophtora cactorum verursacht, einem weit verbreiteten Schadpilz im Boden. Er wird den Oomyceten zugeordnet und befällt die Rinde. Sie platzt auf, und die darunter liegenden Leitungsbahnen des Baums werden zerstört. Im schlimmsten Falle stirbt der Baum ab. Die Sorte Golden Delicious ist vergleichsweise unempfindlich, weil sie einen sehr glatten Stamm mit einer wenig anfälligen Rinde bildet.

Okulation und Kopulation

„Die Idee, den idealen Apfelbaum aus verschiedenen Teilen zusammenzusetzen, ist nicht neu. Die Techniken wurden bereits vor Jahrhunderten von Mönchen erfunden“, erklärt Roland Schmitz Hübsch. Bei der so genannten Okulation wird das Stämmchen von der Unterlage kurz über der Wurzel abgeschnitten und ein kleines Knospenstück von der Edelsorte unter die Rinde der Unterlage geschoben. So kann dies mit der Unterlage verwachsen. Aus der Knospe der Edelsorte wächst dann der Baum in die Höhe. Ein weiterer Begriff in der Apfelbaumzucht ist die Kopulation: Bei ihr werden die Stämmchen von Unterlage und Edelsorte zackenartig eingeschnitten und fest aufeinandergedrückt. Auch hier verwachsen die Wachstumsschichten unter der Rinde miteinander.

Ohne Stütze keine Apfelbäume

Ohne Stütze würden die Apfelbäume umfallen, weil ihre Wurzeln zu schwach sind. Gerüstpfähle verhindern das. Die fast drei Meter hohen und zehn Zentimeter dicken Pfähle werden in langen Reihen bis zu 75 Zentimeter tief in den Boden eingeschlagen. Sind Hagelnetze geplant, müssen die Pfähle sogar 3,30 Meter hoch in den Himmel ragen. Dabei müssen die Abstände zwischen den Pfählen und den Reihen exakt stimmen, damit Bewässerungsschläuche passend montiert und die maschinellen Arbeiten ohne Behinderungen durchgeführt werden können. In zwei Metern Höhe befestigt man dann einen Spanndraht an den Pfählen. Er dient zur Fixierung der Hartholzstäbe, die die Bäume stützen.

Kampf der Mäuseplage

Schäden drohen dem Baum auch unter der Erdoberfläche: Wenn Wühlmäuse überhand nehmen, sind gerade die Wurzeln der jungen Bäume ein gefundenes Fressen. Im ungünstigsten Fall müssen ganze Reihen neu gepflanzt werden. Wühlmäuse werden nicht wie Feldmäuse mit Ködern bekämpft, sondern mit Fallen im unterirdischen Gangsystem. Um sie aufzustellen, müssen die Gänge mit dem Spaten freigelegt werden. Kleine Erdhügel, ähnlich wie Maulwurfshügel weisen den Weg zu den Mäusegängen. Die verräterischen Erdhügel sieht man in der Obstanlage immer häufiger. Wegen der letzten, milden Winter konnten sich nicht nur die Wühlmäuse, sondern auch Feldmäuse kräftig vermehren. Auch sie knabbern an den Wurzeln und schädigen die Bäume. Damit sie nicht zur Plage werden, streuen die Obstbauern im Herbst und Winter regelmäßig Köder in die Mäuselöcher. Nach ein bis zwei Anwendungen prüfen sie den Erfolg und verschließen dazu die Löcher. Wenn keine oder nur wenige neue Löcher auftauchen, war die Maßnahme erfolgreich.