Reis ist eigentlich eine Pflanze der Tropen und Subtropen. Trotzdem hat sich das Team von Natur Konkret in ehemaligen Fischteichen im brandenburgischen Linum an den Anbau herangewagt. Das IVA-Magazin sprach mit Geschäftsführer Robert Jäkel, der im Interview verrät, wieso er trotz zahlreicher Stolpersteine in den Vorjahren die Fläche nun vervierfachen will.
Auch Gänse, Enten und Rotbauchunken mögen den neuen Lebensraum
Wie sind Sie auf die im ersten Moment abenteuerliche Idee gekommen, Reis vor den Toren Berlins anzubauen?
Die Idee stammt von unserem Betriebsinhaber Guido Leutenegger. Er hat Reisanbau in der Schweiz kennengelernt und dabei die Erkenntnis gewonnen, dass das theoretisch auch in Brandenburg möglich sein müsste. Es stellte sich 2020 nämlich die Frage, wie die zum Unternehmen gehörenden Fischteiche in Linum genutzt werden können. Die dort bisher praktizierte Karpfenhaltung litt immer stärker unter Absatzproblemen.
Und wieso kam dafür Reis in Frage?
Die Fischteiche bieten zwei wichtige Voraussetzungen: Dort kann Wasser aus einem Bach nach Bedarf ein- und abgelassen werden. Außerdem ist der Boden bereits weitestgehend eben. Das ist wichtig für eine gleichmäßige Wasserhöhe während der Vegetationszeit. Neben diesen technischen Voraussetzungen brauchen wir genügend Sonnenstunden und eine ausreichende Temperatursumme.
Ist das denn in Linum gewährleistet? Reis ist doch eine Pflanze der Tropen und Subtropen.
Grundsätzlich ja. Allerdings haben wir im ersten Anbaujahr so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. So wurde der Reis zum Beispiel mit einer Drillmaschine wie Getreide gesät. Die Pflanzenentwicklung beginnt bei diesem Verfahren mit der Keimung, dann wachsen die Blätter und nach der Blüte bilden sich die Reiskörner. Die haben es aber nur bis zur Milchreife geschafft und waren nicht verwertbar, weil das einsetzende Herbstwetter keine Abreife mehr zuließ. Deswegen haben wir im Jahr 2023 ausschließlich 8 bis 10 Zentimeter große vorgezogene Reispflanzen ausgepflanzt, mit denen die Entwicklung um entscheidende Wochen abgekürzt werden konnte.
Das heißt, 2023 ist alles glatt gelaufen?
Zunächst ja. Nach den letzten Tagen mit Spätfrostrisiko erfolgte Ende Mai die Pflanzung. Dann wurden wie geplant ein paar Zentimeter Wasser eingestaut. Doch zwei Wochen später gab es wieder Probleme. Wir haben uns gewundert, dass die zunächst aus dem Wasser herausragenden Blattspitzen stellenweise verschwunden waren. Nach weiteren drei Wochen stand des Rätsels Lösung fest. Hungrige Enten und Gänse hatten sich an den jungen Reispflanzen sattgemacht. Die abgefressenen Stellen sind erst mit Zeitverzögerung weitergewachsen und abgereift, sodass wir einen unterschiedlich reifen Reis ernten und aufwändig trocknen mussten.
Waren Sie trotzdem mit der Ernte zufrieden?
Theoretisch ja. Bei einer Probebeerntung von Teilflächen konnten wir einen Hektarertrag von etwa 3,5 Tonnen ermitteln. Doch in der Praxis hatten wir große Verluste, weil sich die Ernte durch den nassen Boden sehr schwierig gestaltete. Wir haben zwar vier Wochen vor dem Erntetermin das Wasser abgelassen. Weil der Oktober aber schon niederschlagsreich und kühl war, konnte der Boden nicht mehr richtig abtrocknen. Ein Mähdrescher wäre dort abgesoffen. Deswegen war zum Teil Handarbeit gefragt. Und die war aufwändig und verlustreich.
Welche Lehren ziehen Sie aus diesen Erfahrungen für das Anbaujahr 2024?
In der kommenden Ernte werden wir einen Mähdrescher mit Raupenlaufwerk einsetzen, der auch auf nasserem Boden fahren kann. Die Gänse- und Entenproblematik wollen wir unter anderem mit meiner Hündin in den Griff bekommen. Sie hat einen Wachhund-Charakter, sie schreckt die Vögel immer wieder auf. Ansonsten soll gründlicher gegen Unkraut und vor allem Schilf vorgegangen werden. Das muss frühzeitig herausgezogen werden, weil es sonst das Reiswachstum beeinträchtigt und die Ernte behindert.
Wie beurteilen Sie die Perspektiven für den Reisanbau?
Für unseren Betrieb besteht durchaus Entwicklungspotenzial. Genügend Wasser, die Nutzung der ehemaligen Karpfenteiche sowie die Vermarktung über unsere beiden Hofläden und an die regionale Gastronomie sind gute Voraussetzungen. Deswegen werden wir die Anbaufläche von 0,8 auf 3 Hektar erweitern. Ein Gewinn sind die Reisfelder auf jeden Fall für Rotbauchunken. Das sind kleine Froschlurche, die sich offensichtlich in den Teichen besonders wohl fühlen. Im Frühling waren sie krass zu hören, es war ein unbeschreibliches Konzert. Der Reisanbau ist bei unseren Rahmenbedingungen eine Chance. Er wird aber auf absehbare Zeit nur eine kleine Nische für wenige Betriebe in Deutschland bleiben.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Jäkel.
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