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Der Inbegriff des biologischen Pflanzenschutzes - Marienkäfer fressen Blattläuse. Foto: LWK NRW
14.08.2014
Forschung & Technik

Biologische Pflanzenschutzverfahren im Aufwind

Julius Kühn-Institut legt Statusbericht Biologischer Pflanzenschutz in Deutschland 2013 vor

Die im „Statusbericht Biologischer Pflanzenschutz 2013“ des Julius Kühn-Instituts (JKI) in Braunschweig erhobenen Daten aus den Jahren 2009 und 2010 zeigen, dass biologische Pflanzenschutzverfahren inzwischen feste Bestandteile im ökologischen wie auch im integrierten Anbau vieler Kulturpflanzen sind. In den vergangenen zehn Jahren ist ihr Anteil je nach Kultur mehr oder weniger stark gewachsen. Bei der Bekämpfung von Pilzkrankheiten spielen biologische Verfahren jedoch bisher nur eine geringe und bei der Bekämpfung von Unkräutern überhaupt keine Rolle. Der Bericht nimmt die Anwendung zulassungspflichtiger biologischer Pflanzenschutzmittel unter die Lupe. Das sind unter anderem Insektenviren, Bakterien, Pilze, Naturstoffe und Pheromone, Nützlinge wie Insekten, Milben, Nematoden und Pflanzenstärkungsmittel.

Biologischer Pflanzenschutz als Teil des integrierten Pflanzenschutzes

Die Stärkung des biologischen Pflanzenschutzes ist ein erklärtes politisches Ziel der Bundesregierung und der Länder. Biologischer Pflanzenschutz ist Teil des integrierten Pflanzenschutzkonzepts, das in Deutschland seit dem Inkrafttreten des aktuellen Pflanzenschutzgesetzes 2012 verbindlich vorgeschrieben ist. Der integrierte Pflanzenschutz ist „eine Kombination von Verfahren, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung biologischer, biotechnischer, pflanzenzüchterischer sowie anbau-und kulturtechnischer Maßnahmen die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird". Wie alle Pflanzenschutzmaßnahmen dient auch der biologische Pflanzenschutz dem Ziel, die Populationsdichten oder schädlichen Auswirkungen von Schadorganismen zu vermindern, um wirtschaftliche Schäden auf ein Minimum zu begrenzen.

Große Bandbreite an Strategien

Zum biologischen Pflanzenschutz gehören eine ganze Reihe unterschiedlicher Verfahren. Als klassischen biologischen Pflanzenschutz bezeichnet der Bericht das Einbürgern gebietsfremder Nützlingsarten. Unter konservativem Pflanzenschutz sind Erhalt und Förderung natürlich vorkommender Gegenspieler zu verstehen. Werden Nützlinge gezielt für eine Bekämpfungsmaßnahme eingesetzt, ohne sie an Ort und Stelle einzubürgern, sprechen die Experten von inokulativem Pflanzenschutz.

Als natürliche Pflanzenschützer kommen auch Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze und Viren, oder Makroorganismen wie Parasiten, Räuberische Insekten – etwa Raubwanzen – oder Nematoden zum Einsatz. Auch lassen sich die Schutzmechanismen der Pflanzen durch Mikroorganismen aktivieren. Organische oder anorganische Substanzen, zum Beispiel Sexuallockstoffe zum Einfangen oder Verwirren von Schadinsekten, gehören als biotechnische Verfahren ebenfalls zum Arsenal des biologischen Pflanzenschutzes.

Schlupfwespen und Raubmilben im Gewächshaus

Biologische Verfahren werden vor allem zur gezielten Bekämpfung schädlicher Insekten in Gewächshauskulturen wie im Gemüse- und Zierpflanzenanbau eingesetzt. Aus dem Anbau von Tomaten, Gurken oder Paprika sind sie heute nicht mehr wegzudenken. So wurden 2010 auf einer Gewächshausfläche von 2 750 Hektar Schlupfwespen gegen Blattläuse oder Weiße Fliegen und auf 1 800 Hektar Raubmilben gegen Spinnmilben ausgebracht.

Maiszünsler- und Obstmadenbekämpfung im Freiland

Im Freiland werden insgesamt weitaus weniger biologische Verfahren verwendet. Wenn sie zum Einsatz kommen, dann allerdings auf wesentlich größeren Flächen. So setzten Landwirte die nützliche Schlupfwespe Trichogramma 2010 auf etwa 22 500 Hektar Mais zur Maiszünslerbekämpfung ein. Das Apfelwicklergranulovirus wird mittlerweile auf rund 30 Prozent der Apfelanbaufläche zur Bekämpfung der Obstmade ausgebracht. Fest etabliert ist auch die Verwirrtechnik mit Pheromonen. Diese wird auf 60 000 Hektar, das heißt 60 Prozent der Weinanbaufläche gegen den Einbindigen und den Bekreuzten Traubenwickler und auf etwa zehn Prozent der Apfelanbaufläche gegen den Apfelwickler eingesetzt. „Die Anwendung biologischer Verfahren hat seit der letzten Erhebung im Jahr 2003 in einigen Bereichen deutlich zugenommen, es ist aber noch viel Luft nach oben“, erklärt Professor Johannes Jehle, Leiter des JKI-Instituts für Biologischen Pflanzenschutz. So wünschen sich die Praktiker vor allem verbesserte Verfahren, um Blattläuse und Thripse in verschiedenen Gewächshaus- und Freilandkulturen zu bekämpfen.

Zum Nachlesen

Den Statusbericht Biologischer Pflanzenschutz 2013 hat das Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig in Zusammenarbeit mit den Pflanzenschutzdiensten der Länder herausgegeben. Der Bericht wird in der Schriftenreihe „Berichte aus dem Julius Kühn-Institut“ veröffentlicht und enthält auf über 100 Seiten Daten zum Stand biologischer Pflanzenschutzverfahren in der Praxis in den Jahren 2009 und 2010. Die Daten haben im Wesentlichen die Pflanzenschutzdienste der Länder auf freiwilliger Basis erhoben und zur Verfügung gestellt.

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