23.10.2025

Der Pflanzen-Türsteher

Wie Pflanzen Barrieren für gesunde Beziehungen nutzen

Der Casparische Streifen – eine Wurzelstruktur, die bislang vor allem als Pförtner der Pflanze bekannt ist, organisiert offenbar auch, dass Hülsenfrüchte die richtige Menge Stickstoff von ihren bakteriellen Partnern erhalten.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung, der Universität zu Köln und der Universität Kopenhagen haben ein verborgenes Talent des Caspary-Streifens (CS) entdeckt. Diese natürliche Barriere spielt offenbar eine Schlüsselrolle dabei, Hülsenfrüchte mit der richtigen Menge Stickstoff von ihren bakteriellen Partnern zu versorgen.

Lieblingssnack der Pflanzen (aber schwer zu bekommen)

Pflanzen brauchen Stickstoff zum Wachsen, aber sie können ihn nicht einfach aus der Luft holen, so wie wir den Sauerstoff. Wenn der Boden zu wenig davon enthält, müssen Landwirte ihn düngen – immer mit der Gefahr, dass überschüssiger Stickstoff ins Grundwasser gelangen kann. Hülsenfrüchte aber, unter den Kulturpflanzen sind das zum Beispiel BohnenLinsen oder Erdnüsse, haben einen Trick auf Lager. Sie bilden Knöllchen an den Wurzeln aus, in denen freundliche Bakterien namens Rhizobien leben, die Stickstoff aus der Luft aufnehmen und in eine pflanzenverfügbare Form umwandeln. Im Gegenzug erhalten die Bakterien Zucker von der Pflanze.

Wurzelknöllchen in Schach halten

Diese Knöllchenbildung ist kein Zufall, sondern wird streng reguliert, je nachdem, wie viel Stickstoff im Boden vorhanden ist. Ist es zu wenig, senden die Wurzeln ein Notsignal (ein Peptid namens CEP1) an die Blätter. Daraufhin wird das TML-Gen, das die Knöllchenbildung blockiert, ausgeschaltet. Nun kann die Pflanze Knöllchen bilden und mehr Stickstoff aufnehmen. Es ist wie ein gut organisierter Gruppenchat, in dem alle über die Stickstoffkrise auf dem Laufenden sind.

So weit, so bekannt. Doch nun haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass sich der Casparische Streifen, eine wasserdichte Barriere in Pflanzenwurzeln, gleichzeitig mit den Knöllchen entwickelt. Der CS funktioniert normalerweise wie ein VIP-Türsteher und entscheidet, welche Nährstoffe und welches Wasser in das Gefäßsystem der Pflanze gelangen. Die Knöllchen bilden sich allerdings außerhalb dieser Barriere, müssen also irgendwann Nährstoffe durchlassen.

Um dies zu untersuchen, haben Gruppenleiter Dr. Tonni Grube Andersen vom Max-Planck-Institut und sein Team die Hülsenfrucht Lotus japonicus untersucht und dabei auf Erkenntnisse zurückgegriffen, die sie bei der nicht-knöllchenbildenden Pflanze Arabidopsis gewonnen hatten. Folgendes passierte: Entfernten sie den CS in den Pflanzen, bildeten sich die Knöllchen unter stickstoffarmen Bedingungen langsamer. Das Problem war jedoch nicht eine undichte Wurzelbarriere, sondern ein Kommunikationsproblem: Die CS-Mutanten hatten Probleme, CEP1 zu produzieren, sodass die Pflanze den Stickstoffmangel nicht richtig registrierte und die Knöllchenbildung verzögerte.

Wenn Bakterien zu gierig werden

Noch überraschender war die Entdeckung, dass die Knöllchen selbst eine Mini-Version des Caspary-Streifens enthalten. Dort spielt er eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle des Handels zwischen Pflanze und Bakterien. Ohne diese Kontrolle strömten die Zucker aus der Pflanze ungehindert in die Knöllchen und verwandelten sie in ein All-you-can-eat-Buffet für die Bakterien. Diese würden sich weiter vermehren, aber keine Stickstoffverbindungen mehr produzieren, sodass der Pflanze die dringend benötigten Nährstoffe fehlten.

Seit mehr als einem Jahrhundert ist der Caspary-Streifen als Türsteher der Wurzel bekannt, der kontrolliert, was in die Pflanze gelangt. Diese Studie zeigt jedoch, dass er eine zweite Funktion hat: Er reguliert den empfindlichen Stoffwechsel zwischen Pflanzen und Bakterien. „Die Studie liefert neue Erkenntnisse darüber, wie Pflanzen und Mikroben miteinander interagieren, und etabliert ein neues Modellsystem, um zu untersuchen, wie eine vorteilhafte Partnerschaft auf engstem Raum stattfinden kann“, fasst Gruppenleiter Grube Andersen zusammen.

Quelle: idw-online

Weitere Beiträge