Klone und Klima
Klone und Klima
Pflanzen „ohne Vater“ sollen dem Klimawandel trotzen
Dr. Duarte Figueiredo vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm möchte die Zukunft der Landwirtschaft revolutionieren.
Weltweit steht die Landwirtschaft angesichts der Klimakrise vor gewaltigen Herausforderungen, denn Hitzestress gefährdet die Bestäubung von Pflanzen massiv. Mithilfe der „Apomixis“ hofft Dr. Figueiredo die Befruchtung auch ohne hitze- und trockenheitsempfindliche Pollen zu ermöglichen.
Fortpflanzung ohne Pollen
Apomixis bezeichnet die Fähigkeit von Pflanzen, Samen ohne Befruchtung durch Pollen zu erzeugen. Für die Zukunft der Landwirtschaft, die durch instabile Klimaverhältnisse vor großen Herausforderungen steht, birgt sie ein riesiges Potenzial. Denn Apomixis kann genetisch identische, ertragreiche Pflanzen hervorbringen und die Samen- und Fruchtproduktion auch ohne lebensfähige Pollen sicherstellen.
Bislang stellt Apomixis in der Natur allerdings ein eher seltenes Phänomen dar. Einige Wildpflanzen sind dazu in der Lage, zum Beispiel der Löwenzahn, doch keine der weltweit wichtigen Nutzpflanzen besitzt diese Eigenschaft. Traditionelle Züchtungsmethoden können sie nicht einführen. Echte Apomixis vereint drei Eigenschaften der Reproduktion von Pflanzen:
- Apomeiose: Bildung von Eizellen ohne Meiose, also ohne Reduktion von Chromosomen
- Parthenogenese: Entwicklung eines Embryos ohne Befruchtung
- Autonomes Endosperm: Bildung der Nahrungsvorräte des Samens ohne Befruchtung
Bei den ersten beiden Merkmalen der Apomixis wurden bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Die partielle Apomixis ist bei Nutzpflanzen wie Reis und Mais bereits erreicht worden. Das dritte Merkmal, die Bildung eines autonomen Endosperms – also des Nährgewebes im Samen – stellt jedoch nach wie vor eine Hürde dar. Deshalb ist echte Apomixis in Nutzpflanzen bisher unerreicht. Dr. Figueiredo stellt sich nun dieser Herausforderung. Für sein Projekt NoSexSeed zur Ernährungssicherung in einer sich erwärmenden Welt erhielt er Ende 2024 eine Förderung des European Research Council.
Das Ziel: klimaresistente Tomaten
Mit seinem Forschungsteam will er apomiktische Pflanzen, die sich natürlich ohne Befruchtung durch Pollen vermehren können, mit solchen vergleichen, die auf die Bestäubung mit Pollen angewiesen sind. Die Erkenntnisse sollen anschließend auf Tomatenpflanzen übertragen werden. „Die Tomate eignet sich wunderbar hierfür, da sie nicht nur eine global bedeutende Kulturpflanze ist, sondern ihr Pollen auch besonders empfindlich auf Hitze reagiert“, erklärt Figueiredo. Er ist überzeugt, dass Apomixis der Schlüssel zur Anpassung von Kulturpflanzen an den beschleunigten Klimawandel sein könnte. Und dabei helfen könnte, die Weltbevölkerung nachhaltig zu ernähren.
Quelle: MPI