09.07.2025

Zellabwehr durch KI

Optimierte Krankheitsresistenz

Wenn Pflanzen ihre Zellwand gegen Angreifer verteidigen, leidet darunter oft ihr eigenes Wachstum – weil ihr „Abwehrprotein“ auch den eigenen Stoffwechsel stört. Mithilfe der Proteinstruktur-Vorhersagesoftware AlphaFold ist es gelungen, ein modifiziertes Protein herzustellen, das nur noch gegen Pathogene wirkt.

An den pflanzlichen Zellwänden geht es hoch her. Sie sind ein Ort steten Wettrüstens. Pathogene versuchen mit allen Mitteln, die Barriere zu durchdringen, während Pflanzen dagegenhalten, damit dieser wichtige Teil ihrer Abwehr nicht zusammenbricht. Pflanzliche Zellwände bestehen vorrangig aus Zellulose und Hemizellulose, die in eine Matrix aus Pektinen eingebettet sind. Einige Krankheitserreger produzieren ein Enzym namens Pektinmethylesterase (PME), das die Stabilität der pflanzlichen Zellwand schwächt. Dazu gehört zum Beispiel der Erreger der Soja-Wurzelfäule (Phytophtora sojae), der jährlich Ernteausfälle von bis zu 10 Milliarden Dollar verursacht.

AlphaFold lieferte Vorschläge

Pflanzen können aber einen Inhibitor für dieses Enzym herstellen, auch Pektinmethylesterase-Inhibitor (PMEI) genannt. Bei Sojabohnen (Glycine max) heißt er GmPMI1. Der Nachteil dieser Verteidigungsaktion: Das Enzym blockiert nicht nur die pathogene, sondern auch die pflanzeneigene Pektinmethylesterase. Wenn Pflanzen diesen Inhibitor für lange Zeit exprimieren, leidet darunter ihr Wachstum, was sich je nach Spezies durch Zwergwuchs oder andere phänotypische Veränderungen bemerkbar macht.

Ein Team von chinesischen Wissenschaftlern wollte daher ein modifiziertes GmPMI1 herstellen, das gezielt nur die Pektinmethylesterase der Pathogene inhibiert. Dafür nutzen sie die Proteinstruktur-Vorhersagesoftware AlphaFold. Das KI-unterstützte Tool ist eine Erfindung von Demis Hassabis und John Jumper – die beiden erhielten dafür im vergangenen Jahr den Chemie-Nobelpreis.

Mutierter Inhibitor bindet spezifischer

Zunächst galt es herauszufinden, wie genau die Pektinmethylesterasen aus der Sojabohne und aus der Soja-Wurzelfäule mit dem pflanzlichen interagieren. Welche Aminosäuren sind daran beteiligt, gibt es Unterschiede dabei? Mit einer erweiterten Version von AlphaFold fanden sie heraus, dass für die Bindung des Inhibitors an das pflanzliche Enzym vermutlich andere Aminosäuren verantwortlich sind als für die Bindung an das Enzym des Pathogens. Neun ausgewählte Aminosäuren wurden nun beim pflanzlichen Inhibitor ausgewechselt – zunächst virtuell im Programm AlphaFold. Das sagte daraufhin voraus, dass der Inhibitor nun nicht mehr die pflanzliche Esterase binden würde.

Interaktion mit pflanzlicher Esterase fast komplett aufgehoben

In Experimenten mit dem echten modifizierten Inhibitor konnte das Forscherteam bestätigen, dass AlphaFold recht hatte: Tatsächlich hatte er die Fähigkeit zur Interaktion mit den Pektinmethylesterasen aus der Sojabohne fast vollständig verloren. Die Pflanzen zeigten auch bei einer Überexpression des mutierten Inhibitors keine Auffälligkeiten im Wachstum und waren vom Wildtyp nicht zu unterscheiden. An die pathogene Form der Pektinmethylesterase band der neue Inhibitor jedoch weiterhin sehr gut.

Quelle: pflanzenforschung.de

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