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Der Schlafmohn ist als erste Nahrungspflanze zur "Giftpflanze des Jahres" gewählt worden. Foto: iStock
04.02.2021
Haus & Garten

Der Schlafmohn ist "Giftpflanze des Jahres 2021"

Rauschmittel und Nahrungspflanze in einem

Zum ersten Mal seit dem Jahr 2004 wurde eine Nahrungspflanze bei der Wahl des Botanischen Sondergartens Wandsbek zur „Giftpflanze des Jahres“ gekürt: Von 1074 gültigen Stimmen fielen 375 (34,9 Prozent) auf den Schlafmohn. Die Besonderheit der Pflanze ist, dass sie sowohl zur Herstellung von Schmerz- und Rauschmitteln als auch für die Back-Industrie und als Ölfrucht eingesetzt wird. Dabei sind Anbau und Verwendung streng gesetzlich geregelt.

Die einen denken bei Schlafmohn, lateinisch Papaver somniferum, an Rauschgift, die anderen an kleine schwarze Körner auf dem Brötchen oder als leckere Füllung für den Kuchen. Tatsächlich ist es ein und dieselbe Pflanze, aus der die unterschiedlichen Produkte gewonnen werden.

Herkunft und Eigenschaften des Schlafmohns

Der Schlafmohn ist eine der ältesten Kulturpflanzen. Sie gehört zur Familie der Mohngewächse (Papaveraceae) und wurde schon in der Jungsteinzeit vor rund 6000 Jahren in Europa angebaut. Ursprünglich stammt die einjährige und aufrechte krautige Pflanze aus dem östlichen Mittelmeerraum. Schlafmohn erreicht Wuchshöhen von 30 Zentimetern bis 1,5 Meter und bildet eine Pfahlwurzel. Am schlanken und behaarten Blütenstiel zeigen sich von Juni bis August die vier weißen bis violetten, selten auch roten, Blütenkronblätter, die etwa doppelt so groß wie die Kelchblätter sind und am Grund einen dunklen Fleck aufweisen. Die kugeligen Kapselfrüchte enthalten hunderte von nierenförmigen, harten Samen.

Giftigkeit und Wirkungen von Schlafmohn

Der Milchsaft in der Samenkapsel des Schlafmohns enthält verschiedene Alkaloide, von denen das Morphin das bekannteste ist. Der reine Wirkstoff, das Morphium, hat bis heute als eines der stärksten Schmerzmittel eine große medizinische Bedeutung. Da es bei regelmäßiger Einnahme jedoch zu starker Abhängigkeit führt, ist Morphium strikt rezeptpflichtig und darf nur unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden. Durch Anritzen der Mohnkapseln und anschließendes Abkratzen des getrockneten Milchsafts wird außerdem Roh-Opium gewonnen. Dieses dient als Grundlage für die Herstellung von Rauschgiften wie Rauch-Opium oder Heroin.

Mohnsaat in Lebensmitteln

Morphinarme Sorten des Schlafmohns, zum Beispiel der sogenannte Bäckermohn, dienen zur Gewinnung von Mohnsaat für die Back-Industrie oder als Ölfrüchte. Generell sollen in den Samen nur Spuren der giftigen Alkaloide vorhanden sein. Allerdings zeigten zahlreiche Untersuchungen, in denen der Alkaloid-Gehalt verschiedener Speisemohnsorten und -chargen ermittelt wurde, starke Schwankungen. So reichen die gemessenen Morphingehalte in einer Studie von 0 bis 330 Mikrogramm pro Gramm Mohn. Die Ursache dafür wird in wenig schonenden Ernte- und Reinigungsverfahren vermutet. Die gemessenen Werte liegen zum Teil weit über dem Richtwert des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) von 4 Mikrogramm Morphin pro Gramm Mohn. Dieser soll gewährleisten, dass die "vorläufige maximale tägliche Aufnahmemenge" von täglich 6,3 Milligramm Morphin pro Kilogramm Körpergewicht nicht überschritten wird.

Rausch durch Mohnkuchen?

Der Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB) rechnet vor: „Ein Stück Mohnkuchen enthält rund 50 Gramm Mohn und kann so 16,5 Milligramm Morphin liefern, wenn der Mohn zu den mit 330 Mikrogramm hochbelasteten Sorten zählt. Eine 60 Kilogramm schwere Person würde damit 275 Mikrogramm Morphin pro Kilogramm Körpergewicht aufnehmen. Daher ist zurzeit besonders Schwangeren und Stillenden von einem Verzehr stark mohnhaltiger Lebensmittel wie Mohnkuchen oder Dampfnudeln abzuraten“. Werden mehrere Stücke eines solchen Mohnkuchens verspeist, ist bei einem Drogentest sogar die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass Morphin im Blutserum gefunden wird. Zwar wird dadurch noch längst kein Rauschzustand erreicht, aber besonders Autofahrer, die wegen der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) ihre Abstinenz nachweisen müssen, sollten diesen Umstand beachten. Ansonsten steht dem Genuss von Gebäck und anderen Speisen mit Mohn jedoch nichts entgegen.

Kleiner Tipp für Gärtner: Der Besitz von Schlafmohn-Pflanzen und den enthaltenden Alkaloiden wird durch das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verboten. Wer sie anbauen möchte, benötigt eine Ausnahmegenehmigung der Bundesopiumstelle. Wer Mohnblumen also allein wegen ihrer filigranen Schönheit im Garten kultivieren möchte, sollte sich an legale Alternativen wie Klatschmohn oder Islandmohn halten.

Kandidaten für 2022 vorschlagen

Nach der Wahl für die „Giftpflanze des Jahres“ ist vor der Wahl. Interessierte können die Vorschlagsliste für die Giftpflanze 2022 bereits jetzt auf der Internetseite des Sondergartens Wandsbek als PDF-Datei herunterladen und Ihre Vorschläge per Online-Formular direkt an den Sondergarten senden. Einsendungen per E-Mail oder per Fax sind ebenfalls möglich. Die kommende Wahl läuft dann vom 1. Juni bis zum 15. Dezember 2021.

Das waren die Gewinner der letzten Jahre:

2020: Die Tollkirsche
2019: Der Aronstab
2018: Der Rizinus
2017: Das Tränende Herz
2016: Kalifornischer Mohn
2015: Der Rittersporn
2014: Das Maiglöckchen
2013: Der Kirschlorbeer
2012: Der Goldregen
2011: Die Eibe

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