16.09.2025

Tomate: Von der Zierpflanze zum beliebtesten Gemüse

Aus den Anden in die Welt

Tomaten sind wegen ihrer großen Formen-, Farben- und Geschmacksvielfalt einzigartig unter den Gemüsearten. Hier erfahren Sie, wieso Tomatensaft im Flugzeug besonders gut schmeckt, die Früchte zuhause nicht im Kühlschrank gelagert werden sollten und wie Anbauer der Kraut- und Braunfäule vorbeugen.

Wissenswert

Gelb, grün, rot, schwarz oder gestreift, klein oder groß, rund oder länglich, geschmacklich neutral oder sehr aromatisch: Es gibt nicht die eine Tomate. Je nach Quelle geht man von 3000 bis über 35 000 Sorten aus, die eine große Vielfalt für jeden Geschmack und Verwendungszweck bieten. Generell teilt man Tomaten nach Wuchs- und Fruchtform ein. So gibt es beispielsweise Stabtomaten, die wegen ihres langen Haupttriebs angebunden werden müssen, kleinwüchsige Balkon- und Buschtomaten, Fleischtomaten mit sehr großen Früchten sowie Kirsch- oder Cocktailtomaten.

Der Name Tomate leitet sich von ihrem aztekischen Namen xĩtomatl ab. Ihre Heimat sind die Anden. Aus Süd- und Mittelamerika stammen auch die eng verwandten Kartoffeln, Paprika oder Auberginen. Sie gehören der Familie der Nachtschattengewächse an. In Österreich und Südtirol wird die Frucht als Paradeiser bezeichnet, in Italien heißt sie pom d´oro, was übersetzt goldener Apfel bedeutet. Die Geschichte der Tomate in Europa beginnt Anfang des 16. Jahrhunderts. Mit den Seefahrern kamen die ersten Pflanzensamen nach Spanien und Italien. Bis ins 18. Jahrhundert war sie jedoch eher eine Rarität, die meistens als Zierpflanze in den Gärten der Oberschicht zu finden war. Ein Grund dafür war die Vermutung, dass die Tomate giftig sei. Die Ursache dafür ist ihr Gehalt an Solanin. Das Alkaloid wird aber bis zur Reife der Frucht abbaut.

Erst um 1900 und verstärkt ab 1945 begann ihr Siegeszug in Mitteleuropa. Mittlerweile ist sie mengenmäßig das beliebteste Gemüse in Deutschland, deutlich vor Möhren und Zwiebeln. Die Verwendungsmöglichkeiten in der Küche sind nahezu unendlich. Klassiker sind unter anderem der erfrischende Tomatensalat, die würzige Beilage zur Brotzeit, die aromatische Tomatensuppe sowie verarbeitet als Ketchup oder als Mark und Paste für die Pizza. Bei Flugreisenden ist Tomatensaft sehr beliebt. Der niedrige Luftdruck und die trockene Luft in der Flugzeugkabine verändern unser Geschmacksempfinden. Während Tomatensaft am Boden oft als muffig empfunden wird, schmeckt er über den Wolken angenehm fruchtig. Der verminderten Empfindlichkeit für Salz in der Höhe hilft man mit einer zusätzlichen Prise auf die Sprünge.

Getrocknete Tomaten haben ein kräftiges würziges Aroma. Diese Geschmacksrichtung wird als Umami bezeichnet. Neben süß, salzig, bitter und sauer ist das die fünfte Geschmacksqualität, die unsere Zunge wahrnehmen kann. Umami (japanisch: „köstlich“) entsteht vor allem durch Glutamat. Der Geschmack kommt außerdem in vielen eiweißhaltigen Lebensmitteln wie Parmesankäse, Fleisch, Sojasauce oder Shiitake-Pilzen vor.

Ein weiterer typischer Inhaltstoff ist Lycopin. Das Carotinoid verleiht der Frucht nicht nur ihre attraktive rote Farbe, sondern wirkt zudem antioxidativ. Es schützt den Organismus vor Schäden durch Sauerstoff und Sonnenstrahlung. Der Lycopin-Gehalt ist in den USA ein Qualitätskriterium, da dieser vor Herz-, Augen-, Haut- und Krebskrankheiten schützen soll. Die Studienlage ist jedoch uneinheitlich, sodass die Wirkung des „Tomaten-Vitamins“ auf unsere Gesundheit nicht eindeutig belegt ist. In Europa ist der Geschmack das wichtigste Qualitätskriterium. Dafür ist das harmonische Zusammenspiel von Zuckern und Säuren ausschlaggebend.

Herkunft und Ansprüche

Die Tomate (Solanum lycopersicum) wurde bereits vor über 2000 Jahren von den Inka und Azteken in Süd- und Mittelamerika angebaut. Heute wird sie weltweit kultiviert. Sie benötigt viel Sonne, Temperaturen möglichst über 20 Grad Celsius und einen gut mit Wasser und Nährstoffen versorgten sowie windgeschützten Standort. Frost und Staunässe kann sie nicht vertragen.

Anbau

Der erfolgreiche Anbau im Hobbygarten ist mit etwas handwerklichem Geschick verknüpft. Tomaten können nämlich gerade während der Abreife keinen Regen vertragen. Der fördert Krankheiten und lässt reife Früchte aufplatzen. Ohne ein Regendach, das außerdem zur Hauptwetterseite heruntergezogen ist, geht es nicht. Bis auf Balkon- und Buschformen müssen alle Tomaten an Spalieren oder Stäben angebunden werden. Eine wichtige Pflegemaßnahme ist das Ausgeizen der neuen Triebe in den Blattachseln. Dadurch wird die Energie der Pflanze in das Fruchtwachstum umgelenkt.

Im Erwerbsanbau hat die Freilandkultur nahezu keine Bedeutung mehr. Stattdessen werden Tomaten unter Glas oder Folienabdeckungen angebaut. Der Anbauzeitraum wird deutlich länger. Einheimische Tomaten sind vor allem zwischen Mai und Oktober erhältlich. In Gewächshäusern wächst mittlerweile ein Großteil der Tomaten nicht mehr im Boden, sondern in kleinen Foliensäcken oder Containern. Diese sind mit Substraten wie Kokos- oder Holzfasern, Steinwolle, Perlit oder Bims gefüllt. Sie werden mehrfach pro Tag mit einer Nährlösung bewässert. Reichern sich bodenbürtige Krankheiten an, tauscht man das Substrat aus.

Sehr arbeitsaufwändig war bis vor wenigen Jahrzehnten das Bestäuben der Blüten im geschützten Anbau. Statt speziell entwickelter Geräte, die von Hand bedient werden mussten, werden dafür heute Hummeln eingesetzt, die von kommerziellen Züchtern bezogen werden.

Pflanzenschutz und Düngung

Die Kraut- und Braunfäule ist die bedeutendste Krankheit. Sie entwickelt sich besonders schnell, wenn die Pflanze mit Wasser benetzt wird. Deswegen sollten Tomaten nie von oben, sondern immer nur im Wurzelbereich gegossen werden. Weitere Pilzkrankheiten sind Mehltau, Rost und Sternrußtau. Zu den häufigsten Schädlingen zählen Weiße Fliege und Blattläuse. Tomaten sind Starkzehrer, deswegen sollte auf eine gute Nährstoffversorgung geachtet werden.

Ernte und Lagerung

Die Früchte sind spätestens dann erntereif, wenn sie ihre sortentypische Färbung erreicht haben. Sie lassen sich dann leicht vom Fruchtstiel lösen und schmecken am besten. Weil die Früchte nach der Ernte nachreifen, werden sie teilweise auch kurz vor der Reife gepflückt. Sie halten sich in einem kühlen Raum etwa zwei Wochen. Der Kühlschrank ist jedoch ungeeignet, weil sie darin ihr Aroma verlieren.

Zahlen

In Deutschland wuchsen 2023 auf 374 Hektar Tomaten. Die Erntemenge betrug 101 800 Tonnen. Der Pro-Kopf-Verbrauch 2022/23 lag bei 30,5 Kilogramm. Darin eingeschlossen sind verarbeitete Erzeugnisse wie Säfte, Saucen, Mark oder Ketchup – ihr Anteil ist deutlich größer als der Frischverzehr. Der Selbstversorgungsgrad lag 2022/23 bei lediglich 3,5 Prozent (Zahlen: ble.de). Die Hauptimporteure sind die Niederlande, Spanien, Belgien und Marokko. Weltweit wurden 2022 etwa 186,1 Millionen Tonnen erzeugt. An der Spitze rangieren China, Indien und die Türkei mit 68,2, 20,7 und 13,0 Millionen Tonnen (Zahlen: FAO).

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