Maikäfer flieg’ – aber bitte nicht alles kahl fressen
Maikäfer flieg’ – aber bitte nicht alles kahl fressen
Etwa alle 45 Jahre kommt es zu großen Maikäfer-Massenflügen. Dieses Jahr sind nur einige Regionen betroffen, diese allerdings massiv.
Von einem Maikäfer-Massenflug wird seit Anfang Mai der Mischwald an den Kahler Seen nahe der Stadt Alzenau im Norden des unterfränkischen Landkreises Aschaffenburg heimgesucht. Zuweilen sieht man eine Amsel, die mit einem Maikäfer im Schnabel davonfliegt. Aber weder Amseln noch andere Vögel noch Fledermäuse können der Plage Herr werden. Weil die Käfermassen die umfangreichen Maßnahmen zur Umwandlung von Kiefernwäldern in naturnahe Mischwälder gefährden, müssen in Baden-Württemberg dieses Jahr Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, erklärte der Präsident der Forstdirektion Freiburg in der TASPO vom 2.5.2008. So hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wegen „Gefahr im Verzuge“ in Baden-Württemberg und Hessen eine Sondergenehmigung erteilt. Diese erlaubt, ein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Dimethoat über die bestehende Zulassung hinaus für einen Zeitraum von 120 Tagen – ab dem 3. April – im Rahmen der Anwendungsbestimmungen auszubringen.Auch Obstbaumwurzeln sind nicht sicher vor Engerlingen
Wenn sich die Erde im Frühjahr erwärmt, ist dies für Millionen von Maikäfern das Signal zum Aufbruch: In der Abenddämmerung tauchen sie aus der Erde auf und fliegen brummend ihre Fraßplätze möglichst oben in den Bäumen an. Die Waldmaikäfer-Schwärme fallen vom Waldrand aus über das Grün der Laubbäume her, wobei Roteichen als erste Stationen dienen. Zwar bevorzugen die Käfer Eichen und Buchen, aber auch die Blätter von Ahorn, Birken, Ebereschen und anderen Bäumen munden ihnen bestens. Nur in Notfällen wagen sich die Käfer an Nadelgehölze heran. Während Waldmaikäfer eine große Gefahr für den Forst darstellen, schädigen Feldmaikäfer Obstbäume, Reben und vor allem im hessischen Lahntal auch Wiesen und Weiden. Sie können die Grasnarbe vollständig zerstören, weil die Larven der Käfer - die Engerlinge – die Wurzeln junger Bäume abfressen. Beliebtes Futter sind vor allem von Apfel-, Kirsch- und Birnbäume, aber auch Reben und Gräser.
Die Käfer haben es eilig mit ihrer Fortpflanzung
Maikäfer können binnen weniger Wochen zehntausende Quadratmeter Mischwald entlauben. Der Spaziergänger merkt es hautnah an den herunter rieselnden Kot-Klümpchen: Was sich die Käfer im Laufe der Nacht einverleibt haben, verkoten sie bei Tage. Den Kahlfraß der Käfer können die Bäume durch ihren Johannistrieb im Juni weitgehend ausgleichen. Mit dem Dauerfraß der Engerlinge ist es anders: Die Engerlinge fressen je nach Klima bis zu vier Jahre lang im Boden an den Wurzeln der Bäume. Vor allem im zweiten Jahr fressen sie sich dick und fett. Bei Wiesen und Weiden bleibt dann oft nur, diese tief umzufräsen und neu einzusäen. Wenn die Engerlinge erwachsen sind verpuppen sie sich einzeln in einer bis zu ein Meter tiefen Höhle im Boden. Nach vier bis sechs Wochen, im Herbst, schlüpfen aus der Puppe die Jungmaikäfer. Sie überwintern im Boden und warten auf die notwendigen Wärmesignale, um ans Tageslicht zu kriechen und dort höchstens vier Wochen zu leben. Der Startschuss fällt wenn Luft- und Bodentemperaturen an fünt Tagen nicht unter elf Grad Celsius fallen. Kaum aus dem Boden gekrochen, machen sie sich innerhalb von 24 Stunden an die Begattung der Weibchen. Sie fliegen dann im Laufe der etwa zwei Wochen ihres Lebens mehrmals von ihrem Fraßplatz zu der Stelle zurück, an der sie aus der Erde geschlüpft sind, um dort ihre Eier in den Boden zu versenken. Schon nach vier bis sechs Wochen schlüpfen die Engerlinge.
Auch Engerlinge haben Feinde
Während sich die Käfer vor Vögeln, vor allem Krähen, Fledermäusen, Dachsen, Füchsen und Maulwürfen hüten müssen, sind es Nematoden (Fadenwürmer) und andere Würmer, aber auch Einzeller und Pilze, die den Engerlingen zu Leibe rücken. Es gibt zwar Präparate mit Nematoden und dem Pilz Beauveria brougniartii. Diese haben aber eine begrenzte Wirkung und sind relativ teuer. Mit speziellen Geräten müssen sie in die tiefen Bodenschichten, in denen der Engerling lebt, eingebracht werden. Dort müssen insbesondere die Pilzsporen ausreichend Feuchtigkeit vorfinden, damit sie ein ausreichendes Myzelwachstum entwickeln, um die Engerlinge zu erreichen. Und auch die Pilze haben in dem lebenden Boden ihre Feinde.
Pflanzenschutzmaßnahmen zum Schutz von naturnahen Mischwäldern
Um die neu angelegten Mischwälder vor dem Schädling zu schützen, hatte die Forstdirektion Karlsruhe bereits für Ende April eine Pflanzenschutzmaßnahme auf einer Fläche von 2 000 Hektar angesetzt und schließlich am 4. und 5. Mai damit begonnen. Dem Hubschraubereinsatz vorausgegangen waren ein intensives Monitoring und fundierte Abwägungs- und Entscheidungsprozesse. Von vornherein hatte man bestimmte naturschutzfachliche Flächen ausgeklammert und eine wissenschaftliche Begleitung der Maßnahmen vorgesehen, hieß es dazu in der TASPO. Dazu gehören im Vorfeld zum Beispiel Maikäfer-Ausgrabungen, um die voraussichtliche Populationsdichte bestimmen zu können.