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Champignons sind von unserem Speisezettel nicht mehr wegzudenken Foto: adpic
06.01.2011
Umwelt & Verbraucher

Pilze streben aus der Dunkelheit mit Macht ans Licht

Die Champignons sind die Champions unter den Pilzen.

Im Herbst pirschen die Pilzsammler durch die Wälder, immer auf der Suche nach besonderen Leckerbissen. Doch die Nachfrage nach Pilzen ist über das ganze Jahr hinweg hoch. Champignons oder Austernseitlinge kommen daher in der Regel nicht aus dem Wald, sondern aus dem professionellen Anbau.

Die Champignons lieben die Dunkelheit. In speziellen, vollklimatisierten Räumen wachsen die weißen oder braunen Leckerbissen in Windeseile heran. Ihre bevorzugte Umgebung mit Pferdemist und Hühnerdung, Gips und Wasser lässt dem Verbraucher nicht gerade das Wasser im Munde zusammen laufen. Dessen ungeachtet haben sich Pilze längst einen festen Platz im Speiseplan erobert. 

Nach dem Spargel gelten Pilze aus wirtschaftlicher Sicht als zweitwichtigste Einzelkultur in Deutschland. Rund 58 000 Tonnen Champignons wurden 2009 hierzulande erzeugt. Nach Angaben des Bundes Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer e.V. (BDC) wurde für 2010 mit einer Steigerung auf 60 000 Tonnen gerechnet. Bei Frischware erreicht Deutschland damit einen Selbstversorgungsgrad von rund 50 Prozent. Die umfangreichen Importe der nahrhaften Lebensmittel kommen vor allem aus den Niederlanden, Frankreich und Polen. Andere Pilze wie die Pfifferlinge werden im Wesentlichen aus den baltischen Ländern eingeführt. Der Anbau in Deutschland beläuft sich auf circa 1 500 Tonnen. 

Eine Wissenschaft für sich

Etwa 100 Betriebe haben sich auf den Anbau von Kulturpilzen spezialisiert. Schließlich ist der Anbau nur etwas für Experten. Das beginnt bereits bei der Herstellung des Substrats, auf dem die Pilze wachsen sollen. Dieses herzustellen, ist die eigentliche Kunst und die Grundlage für eine erfolgreiche Produktion. Dabei werden zu 90 Prozent Stroh, Pferdemist und in geringen Mengen Hühnerdung und Gips vermischt, gewässert und bei Temperaturen von bis zu 80 Grad Celsius, die durch Mikroorganismen hervorgerufen werden, kompostiert. Die Mikroorganismen sind für die organische Zersetzung zuständig. Dieser natürliche Vorgang dauert bis zu fünf Wochen.. 

Pilze wachsen unter kontrollierten Bedingungen

Anschließend wird das Substrat in Kisten in einer Dicke von bis zu 20 Zentimeter ausgebreitet und die so genannte Champignonbrut, Getreidekörner mit überwachsenem Pilzmycel, beigemischt. Zum Schluss kommt zur Wasserspeicherung eine Schicht aus vier bis fünf Zentimetern Torf oben drauf. Das Pilzmycel startet dann im geschlossenen und dunklen Kulturraum sein rasantes Wachstum. Das Mycel verwertet die im Substrat verfügbaren Nährstoffe und breitet sich immer weiter aus. Dies bezeichnet man als vegetative Phase. Sobald sich genug Biomasse gebildet hat, beginnt die generative Phase mit der Fruchtkörperbildung. Die Fruchtkörper das sind die Pilze, die geerntet werden. Im gesamten Prozess steuern und kontrollieren die Anbauer die Temperatur, den CO2-Gehalt in der Luft und die Luftfeuchtigkeit. 

Bei der Ernte zählt Fingerspitzengefühl

Insgesamt etwa drei Wochen dauert die Ernte von Hand. Sie steht am Ende des bis ins letzte Detail perfektionierten Produktionsprozesses. Dabei ist viel Fingerspitzengefühl nötig, denn die Pilze sollten keinerlei Druckstellen aufweisen. In drei Erntewellen holen die Pflücker bis zu 30 Kilogramm Pilze je Quadratmeter ein. 

Sauberkeit und Hygiene haben höchste Priorität

Sauberkeit und Hygiene haben bei der Speisepilzerzeugung höchste Priorität. Das gilt von der Herstellung des Substrats bis hin zur Desinfektion nach der Ernte. Deshalb tragen die Pflücker Haarschutz, Handschuhe und desinfizieren ihre Schuhe. Besucher sind im Kulturraum unerwünscht, um Fremd- und Konkurrenzsporen zu vermeiden. Im Anschluss an die Ernte werden die Kulturräume für 48 Stunden mit über 70 Grad Celsius heißem Wasserdampf sterilisiert, um Konkurrenzsporen abzutöten. 

Krankheiten eher selten

Krankheiten und Schädlinge sind unter den kontrollierten Bedingungen eher selten. Trotzdem fürchten die Anbauer beispielsweise den Grünschimmel im Kompost. Auch die Trauermücken, die sich in feuchten und schattigen Bereichen besonders wohl fühlen, stellen eine Bedrohung dar, weil befallene Ware nicht verkaufsfähig wäre. Diesen rückt man in der Regel mit Insektiziden zu Leibe. 

Kreislaufwirtschaft im Sinne der Nachhaltigkeit

Professionelle Speisepilzanbauer nutzen Produkte aus der Landwirtschaft wie Pferdemist und Hühnerdung und wandeln sie um. Das Substrat, das nach der Ernte übrig bleibt, wandert wieder in die Landwirtschaft und dient dort als Dünger zur Humusverbesserung.