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Das Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz am Julius Kühn-Institut in Braunschweig prüft Geräte vor der Markteinführung auf Herz und Nieren. Foto: JKI
28.04.2016
Forschung & Technik

Auf das hundertstel Gramm genau spritzen

Pflanzenschutzsaison beginnt – Technik macht den Einsatz sicherer

Die Spritze an den Traktor anhängen, den Behälter befüllen, das Gestänge ausklappen und dann losfahren – so sieht Pflanzenschutz für den Außenstehenden aus. Doch es steckt weit mehr dahinter. Bevor der Landwirt auf dem Acker den Startbutton an seinem Bordcomputer drückt, ist sehr viel Gedankenschmalz in die Entwicklung der Technik gegangen. Dank innovativer Ideen und Verfahren treffen Pflanzenschutzmittel ihre Ziele sehr viel genauer als noch vor 20 Jahren.

Minimale Menge, maximale Wirkung

Wie verteile ich eine möglichst geringe Wirkstoffmenge auf der Zielfläche, um eine maximale biologische Wirkung bei größtmöglicher Sicherheit für Mensch und Umwelt zu erreichen? Diese Frage steht im Mittelpunkt der Entwicklungsabteilungen vieler Landtechnikfirmen. Die Anforderungen sind hoch: Je nach Mittel geht es nämlich lediglich um ein hundertstel Gramm Wirkstoff pro Quadratmeter, das gleichmäßig ausgebracht werden soll. Die Technikhersteller wollen beim verantwortlichen Umgang mit Pflanzenschutzmitteln nicht hinterherhinken. Schließlich stecken die Pflanzenschutzmittelhersteller viel Know-how in die Entwicklung der Wirkstoffe und die Anwender werden immer versierter.

Erst prüfen, dann fahren

Bevor Landwirte oder Gärtner Pflanzenschutzgeräte erstmals einsetzen können, muss der Hersteller die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften garantieren. Das Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz am Julius Kühn-Institut in Braunschweig prüft die Geräte vor der Markteinführung auf Herz und Nieren. Alle positiv geprüften und damit gebrauchsfähigen Geräte werden im Rahmen einer beschreibenden Liste bekannt gemacht. Ähnlich wie im Kfz-Bereich gibt es auch eine Pflicht zum Geräte-TÜV. Alle drei Jahre prüfen amtlich anerkannte Kontrollwerkstätten die genaue Verteilung der Spritzbrühe, die Dichtigkeit der Geräte und Leitungen, die Pumpenleistung und den allgemeinen technischen Zustand. Interessanterweise liegt die Mängelquote niedriger als bei den Kfz-Überprüfungen. Aber das ist eigentlich ganz logisch, denn Landwirte haben ein hohes Eigeninteresse an funktionierender Technik: Sie bringt unterm Strich mehr als sie kostet.

Über 1000 Düsen für alle Einsatzbereiche

Ist die Pflanzenschutzspritze gefüllt und fertig für den Einsatz, stellt sich der Landwirt die Frage nach der optimalen Düse. „Eine(r) für alle“ gilt in Mannschaftssportarten, aber nicht auf dem Acker. Je nach Einsatzzweck wählt der Experte den passenden Typ. Die verschiedenen Düsen produzieren unterschiedlich große Tropfen, sprühen in unterschiedlichen Winkeln und mit unterschiedlichem Druck. Für die Ungrasbekämpfung werden beispielsweise feintropfige Düsen benötigt, um die oft noch sehr kleinen Gräser auch zu treffen. In der Nähe von Wasserläufen setzen Landwirte grobtropfige Düsen ein, damit selbst bei leichtem Wind nichts ins Wasser geweht werden kann. Zur Behandlung von Getreideähren gibt es spezielle Düsen, die nach vorne und hinten sprühen und die Ähren rundum benetzen. Über 1000 verschiedene Typen sind auf dem Markt. An Geräten mit Mehrfachdüsenkörpern sind drei oder vier verschiedene Typen vormontiert. Mit dieser Auswahl decken die Anwender die meisten Einsatzzwecke ab.

Mit Rückenwind auf die Pflanzen

Um die Spritztröpfchen sicher auf die Zielfläche – also auf den Boden oder die Pflanzen – zu bringen, setzen einige Herstellerfirmen auf Windunterstützung. Ein Luftstrahl erfasst die Tröpfchen und drückt sie förmlich nach unten in den Pflanzenbestand. Der Vorteil: Wind verursacht deutlich weniger Abdrift und die Mittel gelangen in höheren Kulturen auch bis auf die unteren Blattetagen. Einen großen Anteil an der genauen Verteilung haben die weiterentwickelten Spritzgestänge, an denen die Düsen befestigt sind. Schwingen sie während der Fahrt vor und zurück oder nach oben und unten, sind Über- oder Unterdosierungen die Folge. Deswegen statten die Hersteller ihre Geräte mit ausgefeilten Dämpfungssystemen und Abstandssensoren aus. Selbst auf holprigem Untergrund liegt das Spritzgestänge damit während der Fahrt „wie ein Brett“.

Keine Spritze ohne Computer

Pflanzenschutzgeräte gehörten zu den ersten Landmaschinen, die mit Computern ausgestattet worden sind. Während es am Anfang darum ging, die auszubringende Menge an die Fahrtgeschwindigkeit anzupassen, stehen heute kniffligere Fragestellungen im Fokus. Fährt beispielsweise ein Landwirt mit seiner Spritze eine Kurve, sollten die Düsen an der Kurveninnenseite weniger Spritzbrühe ausstoßen als die an der Außenseite. Denn außen legen die Düsen einen wesentlich längeren Weg in der gleichen Zeit zurück. Ein Computer übernimmt die Steuerung, der Fahrer wäre mit solchen Arbeiten einfach überfordert. Dank GPS-Technik ist es zudem möglich, Überlappungen auf dem Feld zu vermeiden. Keine Stelle wird doppelt behandelt. Der Computer „merkt“ sich die Flächen, die das Gerät bereits besprüht hat und schaltet Teile des Spritzgestänges oder die komplette Arbeitsbreite ab, wenn diese Flächen wieder überfahren werden. Das ist besonders bei unregelmäßig geformten Feldern ein großer Fortschritt. Aber diese Innovationen sind noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Der Fortschritt macht auch in Zukunft nicht Halt und wird Pflanzenschutz noch sicherer machen.

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