Bringt noch mehr Brotvielfalt, aber auch Vorteile die für Ernährung?
Wissenswert
Wer sie einmal probiert hat, erkennt den Unterschied: Brote aus Emmermehl weisen ein würziges, leicht nussiges Aroma auf und sind dunkel gefärbt. Als Backanfänger ist das Mehl gewöhnungsbedürftig. Im Vergleich zum Weizen ist die Kleberqualität schlechter. Der Teig ist dadurch zäher und bleibt nicht in der Form. Deswegen werden häufig Mehle anderer Getreidesorten zugemischt oder reine Vollkornbrote gebacken. Doch Emmer kann mehr als Brot und andere Backprodukte. Aus ihm entstehen unter anderem Brätlinge, Nudeln, Schwarzbier oder Schnaps. Das Urgetreide hat auch in anderen europäischen Ländern Freunde. In der Toskana beispielsweise ist die Zuppa di farro, eine Suppe mit ganzen Körnern, eine bekannte Spezialität.
Emmer erlebt momentan eine vorsichtige Renaissance. Verbraucher wollen Abwechslung. Die phantasievollen Backerzeugnisse tragen zur Brotvielfalt bei, die mit insgesamt über 3000 verschiedenen Sorten in Deutschland bereits sehr groß ist (Quelle: Deutsches Brotinstitut). Vom Verzehr erhoffen sich viele zusätzlich einen gesundheitlichen Nutzen. Untersuchungen zeigen im Vergleich zum Weizen in der Tat einen höheren Mineralstoff- und Proteingehalt, der auch für Weizenallergiker verträglich ist. Auf der anderen Seite ist Emmer nicht glutenfrei und enthält weniger Ballaststoffe. Unterm Strich bleiben keine wesentlichen ernährungspsychologischen Vorteile.
Das Image der Erzeugnisse erfüllt dennoch den Verbraucherwunsch nach Natürlichkeit, Vielfalt und Regionalität. Der hohe Preis der Mehle im Laden ist unter anderem auf die geringen Erträge zurückzuführen. Emmer ist momentan noch ein Nischenprodukt, der in Reformhäusern oder Naturkostläden angeboten wird.
Der Wilde Emmer ist der Vorfahr aller heutigen Weizensorten. Weil er mit Trockenheit und Nährstoffmangel besser zurechtkommt, ist sein Genpool eine wichtige Ressource für die Züchter. Deshalb bietet Emmer interessante Perspektiven für die Züchtung moderner Weizensorten.
Wer ein Emmer-Feld in der Kulturlandschaft entdecken will, sollte wissen, dass die Pflanzen bis 1,5 Meter groß werden, lange Grannen haben und – ähnlich wie Dinkel – eine das Korn umschließende Spelze aufweisen. Die sogenannten schwarzen Emmersorten fallen durch ihre violette Färbung besonders auf. Es ist aber relativ unwahrscheinlich, ein Feld zu finden, weil das Getreide deutschlandweit nur auf schätzungsweise nur auf 1000 Hektar angebaut wird (Quelle: BZfE)
Herkunft und Ansprüche
Emmer (Triticum dicoccum) war in der Jungsteinzeit vor 10 000 Jahren im Vorderen Orient weit verbreitet. Zu Beginn unserer Zeitrechnung war er das Hauptgetreide für das Römische Reich. Von dort breitete er sich nach Mitteleuropa aus. Das Getreide kommt vergleichsweise gut mit kargen Lebensbedingungen zurecht. Es ist ausgesprochen winterhart und verträgt Temperaturen bis minus 20 Grad Celsius.
Anbau
Emmer wird ähnlich wie Weizen oder Dinkel angebaut. Landwirte säen die Wintersorten im Oktober aus. Bei Bedarf düngen sie die Felder im Frühjahr und gehen gegen Verunkrautung und Pilzkrankheiten vor.
Pflanzenschutz und Düngung
Das Getreide wächst sehr hoch und ist daher lagergefährdet. Ein weiterer Schwachpunkt sind die Brandpilze. Im konventionellen Landbau helfen Wachstumsregler und Saatgutbeizen. Weil die Resistenzzüchtung noch in den Kinderschuhen steckt, sind Fortschritte zu erwarten. Hier engagiert sich die Uni Hohenheim sehr stark. Eine Stickstoffdüngung im Frühjahr kann die Erträge steigern, aber auch die Standfestigkeit noch mehr gefährden. Lagerndes Getreide bedeutet Ertragsverluste und Schwierigkeiten bei der Ernte.
Ernte
Die Ernte des reifen Emmers erfolgt mit einem Mähdrescher Anfang August. Emmerkörner sind im Gegensatz zum Weizen fest von Spelzen umschlossen. Deshalb müssen die Mähdreschereinstellungen für die Dreschtrommel, Siebe und Wind angepasst werden. Die Spelzen werden in einem weiteren Arbeitsschritt in der Getreidemühle entfernt, bevor das Getreide vermahlen wird. Emmer ist bei Kornfeuchten unter 15 Prozent lange Zeit lagerfähig.
Zahlen
Die Emmer-Anbaufläche beträgt in Deutschland nach Schätzungen etwa 1000 Hektar (Quelle: BZfE, 2017). Der Ertrag schwankt zwischen 2 und 4 Tonnen pro Hektar (Quelle: Initiative Urkorn). Die Weizen-Anbaufläche umfasste zum Vergleich 2019 rund 3,1 Millionen Hektar, der Ertrag lag bei 7,4 Tonnen pro Hektar (Quelle: destatis).